Kategorien: gesellschaftliche Praktiken, Rituale und Feste; darstellende Künste
Die Prozessionen der Karwoche in Mendrisio gehören zu den wichtigsten Festen der italienischen Schweiz und sind seit dem 17. Jahrhundert belegt. Sie finden an Gründonnerstag und Karfreitag statt und erinnern an das letzte Abendmahl Jesu und seiner Jünger sowie an die Kreuzigung. Neben ihrer religiösen Funktion haben die Prozessionen auch eine handwerkliche und künstlerische Komponente. Sie werden illuminiert durch kunstvoll mit symbolischen oder biblischen Motiven bemalte Leuchtbilder („trasparenti"), die entlang der Prozessionsroute aufgehängt werden. Einige dieser Bilder sind über hundert Jahre alt und werden neben neueren Werken noch heute benutzt.

Die Prozessionen der Karwoche, die seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts belegt sind, ziehen am Abend des Gründonnerstags und des Karfreitags durch die Altstadt von Mendrisio. Bei dieser Gelegenheit wird die Strassenbeleuchtung ausgeschaltet und in den Gassen verbreitet sich das sanfte Licht der «Trasparenti»: Es handelt sich um grosse Leuchtbilder, welche auf durchleuchtende Leinwände gemalt, auf Holzrahmen montiert und von innen beleuchtet werden. Sie haben verschiedene Formen und Dimensionen und werden entlang der Prozessionsroute über die Gassen gespannt. Auf den Leuchtbildern dargestellt sind Szenen aus dem Evangelium oder aus dem Alten Testament dargestellt. Am Abend des Gründonnerstags führen etwa 270 Laiendarsteller die Leiden Christi in einer Reihe von Szenen auf, die auf den Evangelien beruhen. An diesen Aufführungen beteiligen sich Reiter, römische Soldaten und biblische Gestalten in prunkvollen Kostümen. Die Abfolge dieser Szenendarstellungen kommt dabei ganz ohne Dialoge zwischen den Figuren aus, welche sich lediglich mit stimmlosen Gesten und Haltungen ausdrücken.
Die schlichte, feierliche Karfreitagsprozession ist stärker spirituell geprägt. An ihr nehmen jeweils über 600 Mitglieder der verschiedenen Bruderschaften und kirchlichen Vereine teil. Die Träger schreiten durch die Strassen mit den Standbildern des toten Christus und der Schmerzensjungfrau, vor denen sich das Publikum verbeugen soll. Begleitet wird die Prozession von drei Musikgesellschaften, die eindrückliche Trauermärsche spielen. Am Anfang und am Ende des Zugs reiten die Tambouren der Vorhut. Den Prozessionen in der Karwoche geht das Settenario voraus, eine kirchliche Zeremonie, die den sieben Schmerzen Mariens gewidmet ist.
Das Zwischenstaatliche Komitee für die Bewahrung des immateriellen Kulturerbes hat am 12.12.2019 an seiner vierzehnten Sitzung in Bogota (Kolumbien ) entschieden, Die Prozessionen der Karwoche in Mendrisio in die Repräsentative Liste einzutragen.
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Parallel zur Entwicklung der Kandidatur für die UNESCO sind die entsprechenden Dossiers und Einträge in der Liste der lebendigen Traditionen der Schweiz regelmässig aktualisiert. Diese Aktualisierung erfolgt in Zusammenarbeit mit den betreffenden Traditionsträgerinnen und Traditionsträgern.
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Letzte Änderung 21.04.2022
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